Es war einmal – kaum hören wir diese Worte, wissen wir, es geht um Märchen. Und höchstwahrscheinlich um eines der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Beide, Jacob und Wilhelm, waren aber viel mehr als die Sammler solcher Geschichten. Michael Ehnerts Stück erzählt ein Märchen über die Schriftsteller.
Kristian Bader, Michael Ehnert und Jan-Christof Scheibe stellen die beiden ältesten der Geschwister Grimm als Männer vor, die sich um die Einheit Deutschlands bemühten, das „Deutsche Wörterbuch“ verfassten und als Teil der „Göttinger Sieben“ politisch verfolgt wurden.
Der Theaterabend befasst sich mit zwei auch für die Brüder Grimm wichtigen Themen, nämlich mit Sprache und ihren Entwicklungen sowie der deutschen Identität oder dem deutschen Wir-Gefühl. Diese Motive werden sowohl aus der Sicht zu Lebzeiten der Brüder Grimm als auch aus heutiger Sicht betrachtet.
Die drei Darsteller stellen auf der Bühne unter anderem die Frage „Was ist Deutsch?“ und sprechen über die Probleme der Deutschen mit Deutschland. Sie überlegen auch laut, ob mit der schwarz-rot-goldenen Fahne ein Neuanfang gemacht werden könnte, wenn diese wieder mehr aus der Revolutionären Perspektive des Hambacher Festes zur Zeit ihrer Entstehung betrachtet würde.
In all ihren Dialogen und Diskussionen spielen sich die drei die Bälle des Gesprächs sehr gut zu. Kristian Bader und Michael Ehnert schlüpfen dabei in die Rollen von Wilhelm und Jacob Grimm. Der Dritte im Bunde, Jan-Christof Scheibe wird gelegentlich zu Ferdinand Grimm, einem der vier weiteren Geschwister.
Wer bin ich, und wenn ja, wie viele?
Alle spielen neben diesen Rollen verschiedene andere Charaktere wie den Französischen König zur Zeit der Besatzung Hessens, Weggefährt:innen oder Märchenfiguren. Oder sie sind sie selbst, als Autoren und Schauspieler auf der Bühne. Kristian Bader, Michael Ehnert und Jan-Christof Scheibe wechseln immer wieder zu einer Art Metaebene, in der sie sich über ihr Stück, die Bedeutung des Gesagten und seinen Auswirkungen austauschen. So überspielen sie auch gelegentliche Texthänger mit Witz und Geschick.
Das Trio flicht Musik immer wieder in den Abend ein, beispielsweise um einen Wechsel in der erzählten Zeit zu verdeutlichen. Sie singen und spielen auch Songs, etwa über das liebste Satzzeichen der Brüder, das Semikolon.
Das moderne Märchen ist zudem gespickt mit so vielen Informationen, dass man sich davon nicht alle merken kann, aber dennoch einige auch nach dem Theaterabend im Gedächtnis bleiben und den Wissensschatz über die Grimms und ihre Zeit erweitern können.
Fazit
Mit „Grimms sämtliche Werke…leicht gekürzt!“ zeigen Jan-Christof Scheibe, Kristian Bader und Michael Ehnert ein munteres und sehr informatives Stück über das Leben und Schaffen der Brüder Grimm, die so viel mehr machten, als nur Märchen zu sammeln. Im Laufe des Abends werfen sie immer wieder auch heute noch aktuelle gesellschaftliche Fragen auf und thematisieren diese mit humorvollem und gelungenem Schauspiel und guten musikalischen Einspielern. Dabei gleiten manche der gezeigten Episoden jedoch sehr ins Klamaukige ab, etwa wenn die „Sprachpolizei“ darauf achtet, dass auch ja immer alle Geschlechter angesprochen werden und dabei sehr seltsame Sätze zu Stande kommen. Dennoch bietet dieses „Märchen für Erwachsene“ einen unterhaltsamen Theaterabend über die Brüder Grimm.
Darsteller | Michael Ehnert, Jan-Christof Scheibe, Kristian Bader |
Regie | Martin Maria Blau |
Musik & Songs | Jan-Christof Scheibe |
Ausstattung | Sylvia Hartmann |
Licht | Corin Anderson |
Ton | Simon Straßer |
Weitere Informationen findet ihr hier.