Die Polizei hat nicht viel zu melden im kleinen Fischerdorf Cadgwith an der Küste Cornwalls. Man kennt sich und Konflikte werden untereinander gelöst – eigentlich. Denn als die Leiche der jungen Victoria Bowdery am Fuß der Klippen gefunden wird, muss die Polizei doch einschreiten. Ian Bray spinnt in seinem neuen Roman ein dichtes Geflecht aus Fragen und Verdächtigungen.
Simon Jenkins wollte sein altes Leben in London und seine Arbeit bei der Metropolitan Police eigentlich so weit wie möglich hinter sich lassen. Dafür zieht er in ein Cottage am Rande des kleinen cornischen Fischerdorfes und widmet sich der Malerei. Zunächst ein wenig skeptisch beäugt von den Einheimischen, wird er bald akzeptiert – unter anderem, da er bei den wöchentlichen Folk Nights im Pub gut auf seiner Mundharmonika spielt.
Sein Entschluss, nie wieder zu ermitteln, führt auch dazu, dass er dem Anruf der verzweifelten Victoria Bowdery kaum Beachtung schenkt, als sie ihn um ein Treffen bittet. Am nächsten Morgen wird die junge Frau jedoch tot an der sogenannten Teufelspfanne gefunden wird. Die hinzugerufene Polizei geht erst einmal nicht von Mord aus. Mary Morgan, eine Kindheitsfreundin von Victoria hingegen ist sich sicher, dass deren Tod weder ein Unfall noch Selbstmord war, schließlich hatte sie Angst vor der diesem Abschnitt der Klippen, unter dem das Meer brodelt.
Auch aufgrund von Gewissensbissen wegen seiner abwehrenden Haltung während des Telefonats mit Victoria gibt Simon Jenkins schließlich Marys Bitten nach und versucht, mehr über den Tod ihrer Freundin herauszufinden. Während er vorsichtig mit den Ermittlungen beginnt, treten in Marys Leben zwei Männer aus ihrer Vergangenheit, ein alter Kindheitsfreund und ihr Ex, vor dem sie aus Deutschland geflohen war. Dieser setzt alles daran, sie wieder für sich zu gewinnen. Als eine weitere Leiche gefunden wird, dieses Mal offensichtlich ermordet, und Mary schließlich verschwindet, ist Simon Jenkins endgültig in die Ermittlungen zu den seltsamen Vorkommnissen in Cadgwith verstrickt.
Ein Maler und Detektiv
Anders, als man es vielleicht von einem Polizisten, der nicht mehr im Dienst ist, erwarten würde, ist der Protagonist dieses Buches kein verbittertet, knurriger Mann von über 50 mit Bauchansatz. Er wird im Gegenteil als schlank, wenn nicht gar schlaksig beschrieben, was auch an seinen unregelmäßigen Essgewohnheiten liegen kann. Zudem ist Simon Jenkins erst knapp über 40 Jahre alt. Seinen Dienst bei der Metropolitan Police beendetet er nach einem traumatischen Autounfall, bei dem er sich unter anderem so schwer verletzte, dass er trotz Medikamenten nur noch mithilfe eines Stocks und unter Schmerzen gehen kann.
Auch wenn ihn seine körperlichen und seelischen Verletzungen einschränken, schafft Simon Jenkins es, sich seiner Malerei zu widmen, Musik zu machen und mit seinem Freund, dem Fischer Luke, unterwegs zu sein. Mary Morgan und die anderen Charaktere haben ebenfalls ein Profil mit eigenen Sorgen und Stärken, sodass keine der Figuren ein flaches Klischee bleibt.
Die Farben der See
Ian Bray, ein deutscher Krimiautor, der unter einem Pseudonym schreibt, lässt die Handlung in einer klaren und präzisen Sprache Gestalt annehmen. Dabei beschreibt er nicht nur die Figuren und ihre Eigenschaften, sondern auch die Küstenlandschaft Cornwalls sehr bildhaft.
Begleitet von Lokalkolorit lässt er die Ermittlungen von Simon Jenkins mit Unterstützung seines Freundes Luke immer wieder in verschiedene Richtungen laufen. Dadurch gelingt es Ian Bray, sehr lange offen zu halten, wer nun der Mörder ist und ob es sich bei Victoria Bowderys Tod um einen Unfall, Selbstmord oder Mord handelt.
Fazit
„Klippentod“ ist ein unterhaltsamer und spannender Kriminalroman. Der Protagonist Simon Jenkins erscheint als zerbrechlicher, aber nicht gebrochener Mann, der sich trotz widriger Umstände auf die Ermittlungen einlässt. Durch die klare Sprache des Buches entwickelt sich nicht nur die Handlung gleichmäßig, auch die Landschaft Cornwalls entsteht vor dem geistigen Auge der Leser:innen. Dieses Buch ist eine Empfehlung für alle, die leichte und unblutige Krimis schätzen und gerne in literarischer Form nach Cornwall reisen wollen.
Autor | Ian Bray |
Verlag | Penguin Verlag |
Seitenzahl | 560 Seiten |
Preis | 11,00 Euro |