Im Interview mit Rosa Domm (GRÜNE)
Klimaschutz, Sicherheitspolitik und Migration: Alle diese Themen werden auf EU-Ebene verhandelt. Am 9. Juni können in Deutschland erstmals auch die unter 16-jährigen Bürger:innen bei der Wahl des EU-Parlaments über diese Zukunftsthemen mitbestimmen – schließlich werden Sie am stärksten von den Entscheidungen in diesen Politikfeldern betroffen sein. KOPFZEILE hat daher mit den Hamburger Spitzenkandidat:innen der großen demokratischen Parteien gesprochen und sie gefragt, wie ihre Zukunftsvision für Europa aussieht.
Mit Rosa Domm haben wir über eine klimafreundliche Zukunft, europäische Migrationspolitik, die Einsamkeit junger Menschen und Aktivismus gesprochen.
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Mit 21 wurdest du als jüngste Abgeordnete in die Hamburger Bürgerschaft gewählt und auch im Europaparlament ist das Durchschnittsalter 49,5. Wie ist der Politikalltag als so junge Person?
Für mich ist das etwas ganz Besonderes. Ich habe das Privileg und die Möglichkeit, die junge Generation im Parlament zu vertreten. Besonders bei Diskussionen in Schulen merke ich, dass junge Menschen es sehr schätzen, Personen in ihrem Alter und mit ähnlichen Lebensrealitäten im Parlament zu sehen. Daher erlebe ich viel Positives. Allerdings ist es nicht immer einfach, besonders im Umgang mit älteren Menschen. Das gilt aber nicht für alle; viele schätzen den frischen Wind. Oft haben konservative und rechte Parteien Vorbehalte gegenüber jungen Politiker:innen, auch im linken Spektrum gibt es ein paar. Die denken, dass man erst einmal arbeiten oder Lebenserfahrung sammeln sollte, bevor man in die Politik geht. Das ist meiner Meinung nach ein Fehlschluss, denn auch junge Menschen haben eine politische Meinung und die zählt gleichermaßen.
Insbesondere Gruppen wie “Ende Gelände” oder “Extinction Rebellion”, haben sehr große Forderungen, die meinen Politikalltag nicht direkt betreffen.
Apropos junge Menschen: Planen die Grünen eine aktive Zusammenarbeit mit Klimaaktivist:innen? Und falls ja, mit welchen Gruppen?
Auch jetzt arbeite ich im Parlament mit Aktivist:innen zusammen, von denen einige übrigens auch älter sind. Zu Beginn meiner Legislaturperiode bin ich auf viele Gruppen zugegangen. Manche haben ernsthaftes Interesse an einer Zusammenarbeit, während es bei anderen größere inhaltliche Differenzen oder eine geringere Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit konkreten politischen Themen gibt. Insbesondere Gruppen wie “Ende Gelände” oder “Extinction Rebellion”, haben sehr große Forderungen, die meinen Politikalltag nicht direkt betreffen. Aber besonders bei Fridays for Future oder dem Zukunftsentscheid in Hamburg funktioniert die Zusammenarbeit. So möchte ich es auch in Zukunft handhaben, denn ich glaube, dass Straße und Parlament sich gegenseitig brauchen und gut zusammenarbeiten könne
Gibt es auch Gruppen und Personen, die ihr kategorisch ausschließt?
Wir haben keinen Kodex, der vorschreibt, mit wem wir zusammenarbeiten und mit wem nicht. Es hat sich gezeigt, dass die Letzte Generation anders arbeitet als wir. Teilweise sind ihre Aktionen unseren Zielen auch nicht wirklich zuträglich. Daher gibt es keine konkrete Zusammenarbeit. Was uns Grünen wichtig ist: Wir sind eine gewaltfreie Organisation, und das gilt auch für Proteste. Daher ist dies für uns eine klare rote Linie.
Ist es Gewalt, sich auf die Straße zu kleben?
Nein.
Unsere Aufgabe als demokratische Partei ist es, den jungen Menschen eine positive Zukunft zu bieten. Natürlich dürfen wir nicht lügen und behaupten, dass alles gut wird und sie sich keine Sorgen machen müssen.
Ihr werdet vor allem von jungen Menschen gewählt. Und auch die AfD wird bei den 14- 29 Jährigen immer beliebter. Was denkst du, ist eine sinnvolle Strategie, damit junge Menschen bei der Europawahl nicht die AfD wählen?
Ich glaube, dass die Jugend in den letzten Jahren extrem viel durchgemacht hat. Natürlich nicht alle gleich; diejenigen, die zum Beispiel wohlhabend sind, hatten während der Corona- Pandemie nicht so große Einschränkungen wie andere. Trotzdem mussten auch sie Herausforderungen bewältigen. Wir sehen auch, dass die mentale Gesundheit der jungen Menschen sich verschlechtert hat. Viele fühlen sich deutlich einsamer. Gerade aus dieser Einsamkeit heraus – das zeigen auch Zahlen – besteht die Tendenz, autokratische bzw. diktatorische Regime positiver zu sehen. Solche Systeme bieten einen festen Führer, dem man folgen kann, und vermitteln ein Gefühl von Kontrolle und Halt. Dies ist eine sehr ernstzunehmende, aber auch schreckliche Tendenz. Unsere Aufgabe als demokratische Partei ist es, den jungen Menschen eine positive Zukunft zu bieten. Natürlich dürfen wir nicht lügen und behaupten, dass alles gut wird und sie sich keine Sorgen machen müssen. Wir sollten offen und ehrlich kommunizieren, dass viele Herausforderungen und Krisen auf uns zukommen. Aber wir müssen auch Mut machen und zeigen, dass sich Dinge zum Positiven verändern können. So möchte ich auch Politik machen: nicht Ängste schüren oder immer nur das Schlechte sehen, sondern versuchen, die jungen Menschen im politischen Alltag mitzunehmen und zu motivieren, selbst politisch aktiv zu werden.
Auf der europäischen Ebene ist die Grünen-Fraktion relativ skeptisch hinsichtlich der GEAS-Reform. Auf der nationalen Ebene wurde die Reform von zum Beispiel von Annalena Baerbock oder Winfried Kretschmann gelobt. Wie kommen diese widersprüchlichen Positionen zustande und was bedeutet das für die Partei?
Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass wir uns momentan in einer schwierigen Lage hinsichtlich unserer migrationspolitischen Positionen befinden. Wir haben sowohl gesellschaftlich als auch politisch nicht viel Rückhalt. Gerade mit den anderen Mitgliedsländern steht Deutschland oft alleine da, wenn es um die Aufnahme und gute Behandlung von Geflüchteten geht. Auch innerhalb Deutschlands gibt es erhebliche gesellschaftliche Schwierigkeiten. Die Grünen stoßen dabei auf Herausforderungen. Auf der einen Seite ist man im Europäischen Parlament ohne Koalition unterwegs und kann nach eigenen Grundsätzen und Überzeugungen abstimmen. Es gab auch Teile der Reform, denen zugestimmt wurde, aber im Großen und Ganzen wurde sie abgelehnt. Das finde ich auch richtig, weil viele Verschlimmerungen für die geflüchteten Menschen enthalten sind und es auch keine Perspektive für die Mitgliedsländer gibt. Es gibt kaum etwas, was die Aufnahme von Geflüchteten besser und einfacher macht. Auf der anderen Seite sind wir Teil der Bundesregierung und müssen dort realpolitische Entscheidungen treffen, die uns definitiv nicht leichtfallen. Wir haben große Diskussionen. Auch einer Annalena Baerbock fällt diese Entscheidungen nicht leicht, aber sie steht in ihrer Position mehr oder weniger alleine und hat wenige Mitstreiter. Dadurch kommt es dann zu solchen Entscheidungen.
Im Wahlprogramm heißt es zur GEAS-Reform: „Wir setzen uns dagegen ein, dass das gemeinsame europäische Asylsystem zu einem Programm zum Abbau von Flüchtlingsrechten wird.“ Was können die Grünen auf europäischer Ebene denn überhaupt noch tun, um diesen Anspruch einzuhalten?
Mit der finalen Verabschiedung der GEAS-Reform sind viele Türen zugegangen. Damit stehen aktuell nicht viele Handlungsspielräume offen. Wir müssen auch damit rechnen, dass das neue Europäische Parlament deutlich rechter wird als das bisherige. Auch dort sind die Handlungsspielräume in der nächsten Legislaturperiode stark begrenzt. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir von unseren Positionen abrücken. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, Frontex zu reformieren und die parlamentarische Kontrolle zu erhöhen sowie die bestmögliche Lösung für die Situation an den Außengrenzen zu finden, beispielsweise durch eine staatliche Seenotrettung. Besonders wichtig ist uns auch die gerechte Aufteilung von Geflüchteten innerhalb Europas. Momentan haben wir die Situation, dass Kräfte wie Viktor Orbán vieles blockieren. Er verweigert die Aufnahme von Geflüchteten und zahlt stattdessen Strafzahlungen. Diese Zustände wollen wir Grünen natürlich bekämpfen, aber letztendlich braucht es dafür eine parlamentarische Mehrheit. Wenn die Menschen am 9. Juni nicht progressiv wählen, ist dieses Vorhaben in Gefahr.
Das Interview führten Toni und Lasse
