Für Superheldenfilme oder Comics interessiere ich mich eigentlich nicht so sehr. Merkwürdig, dass ich dann in einer Preview des neuen Multiversumsfilm des DCEUs gelandet bin. Umso ironischer, dass ich dann auch noch positiv überrascht wurde, obwohl ich mich doch nur mit einem Freund über den Film lustig machen wollte.
Nachdem Disney und Marvel mit „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ (2022) und „Spiderman: Into the Spider-Verse“ (2018) schon tief in die Thematik des Multiversums eingetaucht sind und mit „Everywhere, Everything, All at Once“ (2022) dies die neue Norm zu sein scheint, ziehen Warner Bros und DC nun auch hinterher. So sah zumindest meine schnelle Wertung aus, als ich realisierte, in welche Richtung der Film abdriftete. Dass dabei dann nicht ein weiteres Desaster wie „Suicide Squad“ (2016) oder „Batman vs. Superman: Dawn of Justice“ (2016) entstand, ist sicher nicht den CGI-Schlachten zu verdanken, sondern, dass der zentrale Konflikt in „The Flash“ kompetent geschrieben und geschauspielert wurde.
Aber worum geht es denn überhaupt in dem Film?
„The Flash“ (2023) ist – trotz der Plakate mit großem Batman-Kopf – der erste Solo-Film über den namensgebenden Superhelden. Barry Allen (Ezra Miller), die bürgerliche Existenz von The Flash, entdeckt, dass er mit seiner Geschwindigkeit in die Vergangenheit reisen kann. Trotz der Warnung seines „einzigen Freundes“ Batman (Ben Affleck/Michael Keaton/Georg Clooney) beginnt er mit seiner eigenen Vergangenheit herumzuspielen und will seine Mutter (Maribel Verdú) vor dem Tod und seinen Vater (Ron Livingston) vor dem Gefängnis retten. Doch als er ein kleines Detail verändert, wird er von einer mysteriösen Gestalt aus seiner „Zeitblase“ geworfen und landet in einer anderen Zeitlinie. Hier stößt er auf eine andere Version seiner selbst (ebenfalls Ezra Miller).
Barry muss schnell feststellen, dass – auch wenn dieser Barry glücklich mit seinen Eltern zusammenlebt – er verwöhnt und unreif ist und nicht zu schätzen weiß, wie gut es ihm geht. Außerdem fehlen ihm seine Kräfte. Als er seinem anderen Ich zu seinen Kräften verhilft verliert er seine eigenen und muss nun einen Weg finden, wieder in seine Welt zurückzukehren. Doch als das Alien General Zod (Michael Shannon) erscheint, welches die Erde auslöschen will um Superman zu finden, ist klar was zu tun ist: Die Justice League (hier vertreten durch Batman, Aquaman und Wonder Woman) zusammensuchen, Superman zuerst finden und wieder in seine Zeit zurückkommen. Schnell wird klar, dass – wie in jedem Zeitreisefilm – erst das Großvaterparadoxon, welches er mit seinem Eingriff in die Zeit ausgelöst hat, aufgelöst werden muss.
Solides Popcornkino
Der Film erfindet das Rad nicht neu. Am Ende wird über den Kampf der Superhelden und Superschurken die persönlichen und emotionalen Konflikte von Barry verhandelt und erst als diese Probleme aufgelöst sind, kann er endlich zurück. Insbesondere geht es darum, wie Traumata eine Person prägen und im Gegensatz zu „Spiderman: Across the Spider-Verse“ (2023) findet „The Flash“ eine klare Aussage: Nein! Trauma ist Teil des Superhelden-Seins und es gilt die Vergangenheit zu akzeptieren.
Vermittelt wird das Ganze durch echt passables Schauspiel, besonders von Miller und Verdú, und mit Witzen, die von clever bis zu vorpubertär reichen. Auch mit im Spiel ist eine gehörige Portion Pathos, das insbesondere aufschwellt, sobald Superman/Supergirl (Sasha Calle) auf der Leinwand erscheint. Auch ästhetisch ist der Film keine Überraschung. Egal, ob stereotypische russische Militärbasen, Mondlandschaften im Niemandsland à la „Dragon Ball Z“ und „Avengers: Endgame“ oder berühmte Schauspieler (Nicolas Cage), bei denen unklar ist, ob sie sich tatsächlich haben hinreißen lassen im Film aufzutreten oder ob irgendein Animator sein Gesicht auf ein 3D Modell geschnitten hat – ich bin froh, dass sich DC von den grauen Bildern der mitt-2010er entfernt hat.
Alles in allem ist der Film besser als erwartet, auch wenn meine Erwartung nicht sonderlich hoch war. Beide Barrys und Batman wachsen einem über den Film hinweg ans Herz – insbesondere das konstante Hin und Her zwischen den beiden Barrys – und das Ende für Barrys Geschichte mit seiner Mutter ist erfüllend. Ansonsten bietet der Film seichte Popcorn-Unterhaltung und wahrscheinlich einen Absprung für eine Vielzahl weiterer Justice League Filme – leider.
Das Problem Ezra Miller
Zum Abschluss muss noch etwas zum Hauptdarstellenden gesagt werden: Ezra Miller hat insbesondere im letzten Jahr mehrmals Probleme mit der Justiz bekommen. Unter anderem wurde Miller wegen Hausfriedensbruch verurteilt. Gegen Miller wurden einstweilige Verfügungen ausgesprochen und von einer Familie Kindesmissbrauch vorgeworfen. Zudem fiel Miller wegen Übergriffen gegenüber Fans und Anklagen wegen Körperverletzungen auf. Zum Teil handele es sich Miller zufolge bei diesen Konfrontationen um Notwehr, weil Miller misgendered würde bzw. Opfer von Diskriminierung, z.B. durch die Polizei, sei. Diese Probleme führten dazu, dass die Bewerbung des Films ohne Miller stattfand und stattdessen Michael Keaton in den Vordergrund gestellt wurde. Medienberichten der letzten Tage zufolge, porträtiert sich Miller mittlerweile aber als geläutert.