Die Liste „Fridays For Future“ hat die Wahl zum Studierendenparlament klar für sich entschieden und wird in der aktuellen Amtszeit zum wiederholten Mal die deutliche Mehrheit stellen. Was bedeutet das für die Studierenden und den Uni-Alltag?
KOPFZEILE hat mit den Vertreter:innen Lara Thien und Maurice Breuer über die Ziele der Liste und deren Umsetzung gesprochen.
Von Lisa Kahl und Friederike Deichsler
Kopfzeile: Ihr habt bei der Wahl zum Studierendenparlament 13 Sitze gewonnen, deutlich mehr als alle anderen Listen. Habt ihr damit gerechnet, so erfolgreich zu sein?
Lara Thien: Wir haben in der vorherigen Legislaturperiode bereits deutlich mehr Stimmen gewonnen als bei der Wahl zuvor. Aus dieser Erfahrung heraus haben wir schon damit gerechnet, dass das Ergebnis entweder gleichbleibend oder besser sein wird.
Kopfzeile: Es war bereits die zweite Wahl während der Corona-Pandemie, ohne viel Präsenz auf dem Campus. Wie hat das den Wahlkampf verändert?
Maurice Breuer: Der Wahlkampf hat mehr online und in Chatgruppen stattgefunden als auf persönlicher Ebene, zum Beispiel über Instagram und mit Zoom-Profilbildern, die dann in der Vorlesung zu sehen waren, wenn die Kamera aus war. Plakate haben wir natürlich trotzdem aufgehängt.
An der Universität muss die grüne Transformation praktisch gelebt werden
Maurice Breuer, Hochschulliste Fridays for Future
Kopfzeile: Welche Anliegen sind euch für die kommende Wahlperiode besonders wichtig?
Lara Thien: Aus unserer Sicht hat die Universität eine gesellschaftliche Vorbildfunktion. Und gerade, weil sich die Universität Hamburg als eine Universität der Nachhaltigkeit bezeichnet, haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, das Thema mehr an die Universität zu bringen. Wir vermissen die Klimakrise in den Lehrplänen, also haben wir selbst eine transdisziplinäre Ringvorlesung an der TUHH, an der HAW und an der Universität Hamburg organisiert, die im Wintersemester 2021/22 rund 2700 Teilnehmende hatte. Im Sommersemester werden wir diese Veranstaltungsreihe an die Leuphana-Universität in Lüneburg ausweiten, also auch in ein anderes Bundesland. Außerdem haben wir es in den vergangenen Legislaturperioden geschafft, Widerstände im Präsidium der Universität zu lockern. Es geht zwar noch immer sehr langsam voran, aber mittlerweile haben wir die Einführung einer Stabstelle in der Universitätsverwaltung erwirkt, und jetzt gibt es eine:n Klima- und Umweltbeauftragte:n. Bald wird es auch eine:n Klimamanager:in geben, der oder die an einem Klimaplan für die Universität Hamburg mitwirken wird. Wir wollen die Klimaneutralität der Universität Hamburg, am besten bis 2025. Das ist zwar sehr optimistisch, aber das ist seit 2019 unsere Forderung. Von der wollen wir nicht ablassen, sondern versuchen, alles daranzusetzen, das hinzukriegen.
Kopfzeile: Wo liegen aus eurer Sicht Herausforderungen an der UHH, um klimaneutral werden zu können?
Maurice Breuer: Einmal vor allem die Gebäude. Die sind generell in Hamburg noch ein großes Problem, da hat sich seit 1990 nicht viel getan. Da geht es um das Thema Fassadenbegrünung und um Wärme. Die Universität Hamburg ist zwar an das Fernwärmenetz in Hamburg angeschlossen, aber trotzdem sollte sie versuchen, davon so wenig wie möglich zu nutzen. Dann geht es um Sanierungsvorhaben und die Mitwirkung an der Planung von Neubauten. Ein anderes Thema ist die Installation von Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern. Und dann auch die kleinen Dinge wie mehr pflanzliche Gerichte in den Mensen. Das große Ziel ist aber natürlich, sowohl an der Universität als auch gesamtgesellschaftlich, die 1,5-Grad-Grenze. Da muss die Universität Vorreiterin sein und vorangehen. Da muss an der Universität die grüne Transformation praktisch gelebt werden. Deshalb haben wir dieses ambitionierte Ziel der Klimaneutralität 2025.
Kopfzeile: Auf dem Weg zu diesem großen Ziel, was sind kleinere Schritte, an denen die Studierenden eure Erfolge erkennen können?
Wir erwarten, dass der Universitätspräsident alles, was in seiner Macht steht dafür tut, die Universität so schnell wie möglich klimaneutral zu machen
Maurice Breuer, Hochschulliste Fridays for Future
Maurice Breuer: Die Stabstelle für Klima und Nachhaltigkeit ist ein Zeichen, auch die Ringvorlesung zum Beispiel. Das Informieren über die Klimakrise ist ein wichtiger Schritt. Dann geht es um eine mögliche Ausweitung des Semestertickets. Und dass es ein klares Monitoring der direkten und indirekten Emissionen gibt.
Lara Thien: Dadurch, dass wir jetzt im AStA sind, ist auch uns noch einmal klar geworden, dass ein gesamtgesellschaftlicher Klimaaktivismus auch an anderen Stellen, wie zum Beispiel in der Verwaltung, passieren muss. Deswegen glaube ich, dass es gut ist, wenn wir dort präsent sind und durch Kooperation mit anderen Listen Teilhabe leben und auch Leute, die diesen Themen fremd sind, miteinbeziehen können. Durch die Ringvorlesung haben wir gemerkt, dass wir auf offene Ohren an der Universität stoßen. Ich glaube, dass sie selbst noch nicht wissen, wie sie es umsetzen, aber sie fanden die Idee der transdisziplinären Lehre großartig und wollen das übernehmen, z.B. in Form von Seminaren.
Kopfzeile: Unter „Fridays For Future“ stellt man sich vor allem die Freitagsdemonstrationen vor. Wie ist es dazu gekommen, dass ihr eine Liste in der Hochschulpolitik geworden seid?
Lara Thien: Wir haben regelmäßig die Räume im AStA gemietet, was zunehmend schwieriger wurde. Also haben wir uns überlegt, wie wir selbst an den AStA kommen und haben eine Liste gegründet und uns für den Wahlkampf aufgestellt. Plötzlich haben wir dann sehr viele Stimmen und sogar Direktmandate erhalten. Mittlerweile sind wir die stärkste Kraft geworden und haben so viel Zuspruch von den Studierenden bekommen, dass wir uns darin bestärkt sehen, uns an diesen Stellen einzumischen und die Klimathematik voranzubringen. Das war eine unserer ersten Amtshandlungen, die Klimaneutralität der Universität Hamburg zu beantragen. Der Antrag wurde dann auch einstimmig angenommen.
Kopfzeile: Was sind die Unterschiede zwischen klimapolitischer Arbeit innerhalb und außerhalb der Universität?
Maurice Breuer: Der große Unterschied ist, dass wir in der Hochschulpolitik keine Oppositionsrolle haben. Das ist ein anderer Ansatz als in der klassischen Politik in Hamburg, wo wir hauptsächlich Demonstrationen veranstalten, wie zuletzt am 25.03.2022.
Kopfzeile: Hat sich seit der ursprünglichen Listengründung bis heute etwas an eurer hochschulpolitischen Arbeit verändert?
Lara Thien: Dadurch, dass wir so viele Stimmen bekommen haben, haben wir viel mehr Möglichkeiten und konnten viele Arbeiten im AStA übernehmen. Aber an unserer politischen Botschaft hat sich nicht viel geändert.
Der Zuspruch der Studierenden legitimiert unsere Arbeit
Lara Thien, Hochschulliste Fridays for Future
Kopfzeile: Gibt es bestimmte Herausforderungen im StuPa?
Lara Thien: In der ersten Legislaturperiode wurde vor allem unsere Legitimation angezweifelt, als „Fridays For Future“ eine Liste an der Universität bilden zu wollen. Ich glaube, durch unsere guten Wahlergebnisse haben wir inzwischen ein anderes Standing. Der Zuspruch durch die Studierenden legitimiert unsere Arbeit. Außerdem hat sich das Bewusstsein über die Klimakrise in den letzten drei, vier Jahren geändert. Ich glaube, dass es viel mehr angekommen ist, dass wir jetzt etwas machen müssen, weil es sonst zu spät ist.
Kopfzeile: Habt ihr politische Gegner:innen im StuPa?
Lara Thien: Unser Antrag zur Klimaneutralität wurde einstimmig angenommen. Deswegen denken wir nicht, dass wir große Oppositionskämpfe führen müssen, weil wir in unserem grundlegenden Kampf von allen Listen unterstützt werden.
Kopfzeile: Vor kurzem hat der neue Präsident der Universität Hamburg seine Amtszeit angetreten. Welche Erwartungen habt ihr an ihn?
Maurice Breuer: Die Erwartung ist natürlich, dass der Präsident die Klimakrise ernst nimmt, und als das sieht was sie ist: Die größte Herausforderung unserer Zeit. Wir erwarten, dass er alles, was in seiner Macht steht dafür tut, die Universität so schnell wie möglich klimaneutral zu machen und bereit ist, den notwendigen Beitrag zu diesem gesamtgesellschaftlichen Kraftakt zu leisten. Realistisch gesehen wissen wir, dass das bei dem bisherigen Präsidenten nicht der Fall war. Wir wissen also, dass Druck von außen, Druck von uns notwendig ist.
Lara Thien: Was uns Hoffnung gibt, ist, dass der neue Präsident von der Freien Universität Berlin kommt, die ja als erste deutsche Hochschule den Klimanotstand ausgerufen hat und ebenfalls bis 2025 klimaneutral werden will.