Die olympischen Spiele sind immer ein großes Fest des Sportes und auch eine wunderbare Gelegenheit für das Gastgeberland, sich gut in Szene zu setzten. Das war 1936 auch den Nationalsozialisten bewusst, die die Spiele in Berlin nutzen wollten, um sich als tolerant und weltoffen zu inszenieren. Dumm nur, wenn dann plötzlich Menschen im olympischen Dorf sterben. Oberkommissar Gereon Rath, bekannt aus Volker Kutschers Romanen und deren Verfilmung „Babylon Berlin“, beginnt in der Uraufführung im Altonaer Theater zu ermitteln.
Allerdings tut er das nicht ganz freiwillig und muss es zudem vor seiner Frau Charly (Nadja Wünsche) geheim halten. Beide stehen dem Nazi-Regime kritisch gegenüber und fühlen sich immer unwohler in Deutschland. Das führt nicht nur zu einigen Streitereien. Charly zieht sogar kurzfristig aus, da Gereon (Tobias Dürr) sich einverstanden erklärt hat, einen Amerikaner (Georg Münzel) bei sich einzuquartieren. Dieser kommt aber nicht allein, sondern gleich mit Frau (Valerija Laubach) und Kind (Hannes Träbert) und belegt die Wohnung der Raths ziemlich mit Beschlag. Gereon Rath muss jedoch sowieso ins olympische Dorf, um dort im Tod eines anderen Amerikaners zu ermitteln, der beim Mittagessen einfach zusammenbrach. Er wurde vergiftet, was die obere Führungsriege im Dorf jedoch schnell zu vertuschen weiß.
Trotzdem wird ein Unschuldiger eingesperrt, da er vor Jahren Mitglied bei einem kommunistischen Verein war und die Nazis eine Verschwörung zur Sabotage der Spiele durch „feindliche Kräfte“ wittern. Gegen diese Ungerechtigkeit begehrt wiederum Charly heftig auf und mischt sich nicht nur in die Ermittlungen ein, sondern versucht auch alles, um den jungen Mann wieder aus dem Gefängnis zu bekommen.
Gleichzeitig sterben in und um Berlin jedoch auch einige Soldaten einer ehemaligen Wachkompanie von Hermann Göring und lassen den Obersturmbannführer Tornow (Franz-Joseph Dieken) nervös und damit umso aggressiver und gefährlicher werden, was nicht nur Gereon Rath zu spüren bekommt.
Alte Bekannte
Während der Ermittlungen trifft Gereon Rath auf viele „alte Bekannte“, darunter seinen ehemaligen Pflegesohn Fritze (Johan Richter), der als Zeuge einen wichtigen Teil zu den Ermittlungen beiträgt. Aber auch altbekannte Gangster betreten das Berliner Pflaster. Alle Personen werden dabei so geschickt eingeführt, dass man kein Vorwissen aus den Büchern von Volker Kutscher oder der Verfilmung „Babylon Berlin“ haben muss, um sich im Stück und den Figurenkonstellationen zurecht zu finden. Im Laufe der Handlung und auch, um die verschiedenen Personen einzuführen, gibt es sehr viele Szenenwechsel, was dem Bühnenstück auch etwas Filmisches verleiht.
Auch die beeindruckende schauspielerische Leistung der Darsteller:innen macht es leicht, der Handlung zu folgen. Die meisten wechseln zwischen mehreren Rollen, zum Beispiel zwischen grumpfigem Kommissar und schusseligem Apotheker (Georg Münzel) oder zwischen amerikanischem Gangster und brutalem Obersturmbannführer (Franz-Joseph Dieken). Auch die verschiedenen Gefühlswelten innerhalb der Figuren stellen die Schauspieler:innen überzeugend dar.
Düster und Grau
Mit Beginn von „Olympia“ ist klar, dass die offene und freudig-aufgeregte Stimmung in Berlin nur Fassade ist, zumindest für die Figuren des Stücks. Das gefährliche Regime wirft über alles seinen Schatten und auch eher leichtfertige Sprüche werden nur hinter vorgehaltener Hand gesagt. Diese unangenehme Atmosphäre vermitteln nicht nur die Figuren in ihrem, mitunter sehr lauten, Gebaren, sondern auch das Bühnenbild.
Es besteht aus den fünf Olympischen Ringen, von denen drei von der Decke hängen und nur halb zu sehen sind, und zwei auf der Bühne stehen und beweglich sind. Die Ringe sind jedoch nicht bunt, sondern schlicht weiß-gräulich und durch ihre Schlichtheit vollkommen ausreichend, damit sich das Geschehen auf der Bühne entfalten kann. Die Kostüme wirken auch stilisiert, besonders die Uniformen der Soldaten. Sie tragen aber ebenfalls zu diesem Ausflug ins Berlin des Jahres 1936 bei.
Fazit
Mit der Uraufführung von „Olympia“, nach dem achten Roman von Volker Kutscher, zeigt das Altonaer Theater ein spannendes Stück, dass trotz der allgegenwärtigen Bedrohungen auch immer wieder heitere und lustige Momente zeigt. Es wird besonders von der sehr überzeugenden und vielfältigen schauspielerischen Leistung der Darsteller:innen getragen und zeigt nicht nur einen verzwickten Kriminalfall, sondern stellt auch den Geist der Zeit um 1936 und den der Propaganda-Spiele eindrücklich dar.
Darsteller:innen | Tobias Dürr, Nadja Wünsche, Johan Richter, Franz-Joseph Dieken, Dirk Hoener, Georg Münzel, Valerija Laubach, Hannes Träbert |
Textfassung und Regie | Axel Schneider |
Bühnenbild | Ricarda Lutz |
Kostüme | Jana Schweers |
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