gesehen: Weiße Rose

Szene aus der Graphic Opera "Weiße Rose", Hans und Sophie Scholl tanzen, während um sie herum schon die Wölfe lauern. (Foto: Staatsoper Hamburg)

Die Geschwister Scholl und ihre Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ zählen bis heute zu den bekanntesten Personen, die sich gegen den Nationalsozialismus engagierten. Beide wurden in München hingerichtet. Am 09. Mai 2021 wäre Sophie Scholl 100 Jahre alt geworden. Zu diesem Datum hat die Staatsoper Hamburg unter anderem in Kooperation mit ARTE die Kammeroper von Udo Zimmermann als Graphic Opera inszeniert.

Die Oper ist sowohl auf der Homepage der Staatsoper Hamburg, als auch bei ARTE zu sehen. Udo Zimmermanns Oper für zwei Sänger:innen und 15 Instrumentalist:innen thematisiert besonders die Gedanken und Gefühle, die den beiden verurteilten Widerstandskämpfer:innen in den letzten Stunden ihres Lebens durch den Kopf gegangen sein mögen. Die Oper beginnt mit den Anschuldigungen gegen die Geschwister und der Verkündigung des Todesurteils, die jeweils als Schlagwörter oder kurzer Schriftzug eingeblendet werden. Dazu spielt das Kammerorchester klare, kurze, abgehackte Melodiefragmente, die an zufallende Zellentüren erinnern.

Danach werden Hans (Michael Fischer) und Sophie (Marie-Dominique Ryckmanns) Scholl gezeigt, die beide in zwei kleinen Betonzellen am Boden liegen. Sophie Scholl beginnt zu singen, Hans stimmt bald mit ein, sodass sich zwischen den Geschwistern in ihren getrennten Zellen ein Duett entspinnt. Die Kamera wechselt dabei zwischen den Zellen hin und her und filmt dann Sophie, die die erste Zeichnung dieser Graphic Opera mit Kohle an die Wand malt, eine weiße Rose, die ihr schließlich aus der Hand wächst und immer größer wird.

Wölfe und marschierende Stiefel

Mit dieser wachsenden Rose wird zu gezeichneten Bombern der Nazis übergeleitet, die bei Gewitter über Sophie fliegen. Hans erinnert sich dann an einige Szenen, die er beim Einmarsch der Wehrmacht in Polen und in Russland erlebte, als ein junges Mädchen von einem SS-Mann erschossen wurde, „sie wollte nur ein Stückchen Brot“, singt er.

Dabei marschieren Springerstiefel von Soldaten an der Leiche des Mädchens vorbei, schließlich wird ein Wolf mit Hakenkreuz an der Stelle gezeigt, an der sonst die Augen wären. Sein zum Heulen erhobenes Maul zu einem ausgetreckten Arm überblendet wird.

In dieser Inszenierung als Graphic Opera von David Bösch, Patrick Bannwart und Falko Herold werden immer wieder von den beiden Sänger:innen gespielte Szenen mit gezeichneten und animierten Sequenzen und Schattenspielen gemischt oder abgewechselt. So sind die Sänger:innen beispielsweise immer wieder durch Fenster gezeichneter Häuser zu sehen. Die Zeichnungen zeigen unter anderem auch verwüstete Straßen, Schädel, die sich Menschen einverleiben oder Nazi-Wölfe.

Aber auch Filmsequenzen von Kämpfen oder Fotos werden gezeigt und manche der Fotos so animiert, dass sich die Augen bewegen. Ein weiteres eindrückliches Element sind die Auszüge aus Briefen oder Protokollen, die immer wieder eingeblendet werden, ebenso wie die Schriftzüge von Flugblättern, die die Geschwister verteilten. So etwa die Worte „Wir schweigen nicht“. Die Schrift ist meistens im Vordergrund zu sehen, wird aber teilweise überblendet.

Eine düstere Welt

Die Farben der Inszenierung fangen die bedrückende und angespannte Stimmung dabei ebenso ein wie die Musik. Viele der Szene, ebenso wie die Zeichnungen, sind hauptsächlich in Grautönen gehalten, die Kleidung der Geschwister ist braun. Nur vereinzelt gibt es weiße Farbelemente, die dann teilweise sehr grell leuchten. Die Darstellung bietet zusammen mit der Musik, die in Teilen das Singen in sehr hoher Lage erfordert, ein Gesamtbild, welches eine beängstigende und düstere Stimmung schafft, der man sich dennoch nur schwer entziehen kann. Auch dann, wenn Hans oder Sophie Scholl von einem kaum zu sehenden Dritten in Ledermantel und mit Hakenkreuzbinde „verhört“ werden.

Fazit

Die Inszenierung von Udo Zimmermanns Kammeroper „Weiße Rose“ verbindet auf sehenswerte Art und Weise Gesang und Schauspiel mit Animationen. David Bösch, Patrick Bannwart und Falko Herold schaffen ein eindrückliches und gleichzeitiges düsteres und bedrückendes Werk, um die letzten Stunden und den Tod der Geschwister Hans und Sophie Scholl. Diese werden von Michael Fischer und Marie-Dominique Ryckmanns mit großem gesanglichem und schauspielerischem Talent verkörpert.

ARTE und die Bundeszentrale für politische Bildung sowie die Weiße Rose Stiftung sind Partner des Projekts. Die Inszenierung ist sowohl auf der Homepage der Staatsoper Hamburg zu sehen als auch bis zum 06. August bei ARTE. Am 22. Mai wird sie auch beim NDR gezeigt.

Die Informationen gebündelt:

Darsteller:innenMarie-Dominique Ryckmanns; Michael Fischer
RegieDavid Bösch
Musikalische LeitungNicolas André
Animation/AusstattungPatrick Bannwart, Falko Herold
KameraMatthias Wittkuhn
Dramaturgie Janina Zell