gelesen: Dreizehn Gäste

Eine bunt zusammengewürfelte Wochenendegesesllschaft trifft sich auf Bragley Court, aber sonderlich erholsam wird dieses Wochenende nicht. Foto: Svenja Tschirner

Im England des 20. Jahrhundert ist die Zahl 13 für manche einfach eine Zahl, für andere bedeutet die Ziffer Unglück. Die 12, das glatte Dutzend, hat da schon einen deutlich besseren Ruf. Die bunt zusammengewürfelte Wochenendgesellschaft, die Lord Aveling zu sich einlädt, war im Ursprung eben dieses volle Dutzend. Aber wie es der Zufall so will, kommt alles ganz anders und ein dreizehnter Gast auf dem Landsitz an.

John Foss ist es, der das Dutzend auf die 13 erhöht. Er stürzt, nach einer überhasteten Flucht aus London am Bahnhof von Flensham aus dem Zug und verstaucht sich den Fuß. Damit lenkt er die Aufmerksamkeit der schönen Witwe Nadine Leveridge auf sich, die beschließt, den Verletzen – und attraktiven – jungen Mann auf das Landgut Bragley Court mitzunehmen.

Die dort bereits versammelte Wochenendgesellschaft besteht aus sehr verschiedenen Personen von unterschiedlicher gesellschaftlicher Stellung.  Der Grund für diese Zusammenstellung ist, dass jede:r von mindestens einer anderen anwesenden Person etwas will, seien es beispielsweise Geld oder Informationen. Einzig John Foss, der nur aus London wegwollte, fällt aus diesem Muster. Als Außenstehender wird er herzlich aufgenommen und kann die Gäste von einem differenzierteren, entfernteren Blickpunkt aus betrachten. Er und die Witwe Nadine Leveridge tauschen sich immer wieder über das Geschehen und die Anwesenden aus und erfahren schließlich, als nur sehr kleiner Teil der Anwesenden, die vollständigen wahren Begebenheiten hinter den mysteriösen Vorkommnissen auf Bragley Court.

Eine doppelte Jagd

Diese nehmen noch vor dem ersten Abendessen ihren Lauf, als der Maler Leicester Pratt sein Portrait der Tochter des Hauses mit roter Farbe beschmiert vorfindet. In der Nacht ereignen sich weitere seltsame Vorkommnisse. John, der wegen seines verstauchten Fußes als einziger im Erdgeschoss schläft, hört in der Nacht allerlei ungewöhnliche Geräusche. Erst geht eine Scheibe zu Bruch, dann bellt einer der Hunde und hört ganz plötzlich wieder damit auf und ständig schleichen Personen über den Gang.

Trotz dieser seltsamen Ereignisse findet auch an diesem Wochenende, wie es sich für einen englischen Haushalt der Upper Class im 20. Jahrhundert gehört, eine Hirschjagd statt. Gastgeber Lord Aveling hatte diese ohnehin geplant, hofft nun aber damit die düstere Stimmung auf dem Anwesen zu vertreiben.

Als während der Jagd jedoch ein Toter gefunden wird und das Pferd eines der Gäste ohne seinen Reiter zurückgehrt, tritt das genaue Gegenteil ein. Jede:r überlegt, was passiert ist und wer was getan haben könnte.

Nicht nur die Polizei

Die Leser:innen nehmen dabei immer wieder Teil an den Überlegungen und Gesprächen der verschiedenen Personen, die sich über die anderen Anwesenden und ihre Meinungen zu ihnen austauschen.

Somit entsteht während des Lesens ein mehrschichtiges Bild der Charaktere und der gegenseitigen Abhängigkeiten, da diese nicht (nur) von den jeweiligen Personen durch ihre Äußerungen kommuniziert, sondern auch von den anderen Gästen kommentiert werden.

Nur einer der auftretenden Charaktere, Mr. Chater, bleibt dabei flach, da er sowohl in der Beschreibung durch die anderen als auch in der eigenen Kommunikation ein absolut unsympathischer Charakter bleibt, der andere sehr grob behandelt.

Auch die Sprache des Buches führt zurück in die früheren Zeiten im Landhaus. Einerseits beschreibt J. Jefferson Farjeon, einer der Lieblingsautorin der Krimischriftstellerin Dorothy L. Sayers, Stimmungen, Einrichtung und Verhalten der Akteur:innen sehr elegant. Andererseits siezen sich auch etwas vertrautere Gesprächspartner:innen immer, der Gesprächston ist ebenso gewählt, wie er aus heutiger Sicht altmodisch anmutet.

Fazit

„Dreizehn Gäste“ ist ein gut geschriebener Landhauskrimi, der die Leser:innen auf eine Reise nach Bragley Court und in das England des frühen 20. Jahrhundert mitnimmt. Dabei beschreibt der Autor die Geschehnisse und Charaktere auf elegante Art und Weise, die immer wieder auch einen trockenen Humor durchscheinen lässt.

Die Leser:innen können während der Lektüre mit den Gästen des Anwesens miträtseln, was denn eigentlich geschehen ist. Und auch wenn die Handlung mal schneller und mal langsamer fließt, nimmt man das Buch immer wieder zur Hand, um zu erfahren, was als nächstes passiert.

J. Jefferson Farjeons Buch ist eine gute Lektüre für alle, die gerne ein wenig in der Zeit reisen und unterhaltsame, unblutige Kriminalromane schätzen.

AutorJ. Jefferson Farjeon
VerlagKlett-Cotta
Preis10,00 Euro
Seitenzahl352 Seiten