Kann man mit Browser-Games etwas über Geschichte lernen? Mit Disney-Filmen Werte vermitteln? Und welche digitalen Medien nutzen Schüler:innen im Distanzunterricht? Mit diesen und ähnlichen Fragen haben sich Masterstudierende an der Fakultät für Erziehungswissenschaft zwei Semester lang in Forschungswerkstätten beschäftigt. Dabei erlebten sie auch, wo in der Digitalisierung noch große Lücken bestehen. Auf einem Fachtag haben sie ihre Ergebnisse vorgestellt.
Die Studierenden widmeten sich einem Thema, das durch Corona noch stärker im Fokus steht als in den vergangenen Jahren: „Digitalisierung in der Bildung“. Dozent Andreas Hedrich erklärt: „Digitalisierung ist so ein Schlagwort, aber noch keine richtige Antwort auf irgendetwas. Es geht ja darum, was wir Menschen damit machen und wie wir Digitalisierung gestalten und ich glaube, dass Lehrkräfte eine große Rolle dabei spielen.“ Die Forschungswerkstätten dienten vor allem dazu, wissenschaftliches Arbeiten auszuprobieren – könnten aber auch für den eigentlichen Lehrberuf wertvoll sein. „Ich glaube, dass es eine tolle Möglichkeit ist, die Perspektiven zu wechseln, auf das, was man sowieso vielleicht später jeden Tag tut“, so Hedrich, der auf Medienpädagogik spezialisiert ist.
Projekte verdeutlichen Probleme im Digitalunterricht
Auch Student Jan Philipp Jacobs sieht die Forschungswerkstätten positiv. „Ich finde es gut, dass es gemacht wird“, sagt er, fügt aber hinzu: „Ich kann aber auch jede:n zukünftige:n Lehrer:in verstehen, der oder die sagt: Ich will aber nicht forschen, ich will in die Schule gehen. So kurz vor Ende des Studiums noch so ein Riesen-Projekt auf die Beine zu stellen ist natürlich eine Herausforderung.“ Ähnliche Skepsis erlebt Hedrich immer wieder. „Die meisten packt es aber wirklich, wenn es dann an die empirische Arbeit geht.“
Denn dann kommen die Studierenden je nach Methode ins Gespräch mit Schüler:innen oder Lehrkräften, führen Interviews oder beobachten den Alltag in einer Schule. Bei der Ergebnispräsentation schilderten die meisten Studierenden, dass sie gerade bei den Lehrer:innen auf großes Interesse gestoßen sind. Denn Corona hat noch einmal verdeutlicht, welche Mängel bei der Digitalisierung der Bildung bestehen. Student Jan Philipp Jacobs fasst es so zusammen: „Jetzt hat sich gezeigt, wie sehr das Kind eigentlich schon in den Brunnen gefallen war.“
Er hat untersucht, wie Lehrkräfte mit den Anforderungen des Homeschoolings umgegangen sind. Seiner Meinung nach liegt die größte Herausforderung im Zugang zu digitalem Unterrichtsmaterial und in fehlender Ausstattung. Allein die Lieferung von Geräten wie Tablets reiche nicht aus. „Es tut sich etwas, auch in der Lehrerbildung“, sagt er. Das passiere aber zu langsam. Auch im Studium könne man immer noch um das Thema herumkommen. „Ich kann mir vorstellen, dass es einige Studierende gibt, die da sehr viel machen und aus den Seminaren auch viel mitnehmen, aber ich glaube, es gibt einige Studierende, die auch heute noch komplett durch das Studium kommen, ohne sich in irgendeiner Art und Weise mit digitaler Unterrichtsführung oder Medienkompetenz auseinandergesetzt zu haben“, so der Student. Nur über die Lehrerbildung lasse sich das Problem außerdem nicht mehr lösen, dafür sei der digitale Rückstau in Deutschland zu groß.
Andreas Hedrich betont ebenfalls, dass bei Digitalisierung nicht nur über Geräte gesprochen werden sollte. „Ich bin davon überzeugt, dass man mehr Fortbildung vor Ort braucht, mit Kolleg:innen, die sich schon auskennen und mehr Hospitationen und Austausch.“
Landesinstitut für Lehrerbildung interessiert an Ergebnissen
Andere Forschungsgruppen haben beispielsweise untersucht, ob Schüler:innen mithilfe eines Browser-Games in bestimmten Aspekten mehr über Geschichte lernen können oder ob sie in Disney-Filmen Werte und Vorurteile erkennen, diese ihnen also so auf eine anschauliche Art und Weise vermittelt werden könnten. Ihre Ergebnisse haben die Studierenden außerdem auf dem Fakultäts-Blog „EW-forscht“ veröffentlicht.
Was in den Forschungsprojekten herausgekommen ist und auf welche Probleme die Studierenden dabei aufmerksam wurden, interessiert auch das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung. Ein Vertreter des Instituts hörte bei dem Fachtag aufmerksam zu und zeigte sich zuversichtlich, dass sich aus einigen Projekten eine weitere Zusammenarbeit ergeben könnte. Erste Schritte dazu könnten schon im Frühjahr stattfinden. Es sei zwar nicht das primäre Ziel der Forschungswerkstätten, verwertbare Ergebnisse zu liefern, erklärt Dozent Hedrich. Dass daraus jedoch Anregungen entstehen, sieht er positiv und schlägt beispielsweise themenzentrierte Gesprächsrunden vor. Auch Jan Philipp Jacobs meint: „Ich könnte mir vorstellen, dass wir vielleicht Impulse gegeben haben oder Gedanken weitergebracht haben, wie man situativ Unterricht nochmal anders betrachten kann.“