gelesen: Keines natürlichen Todes

Eine Einmischung in ihr Tischgespräch und schon ermitteln Lord Peter Wimsey und sein Freund Charles Parker in einem Mord, der scheint als wäre er keiner. Foto: Svenja Tschirner

Als sich der Tischnachbar von Lord Peter Wimsey und Charles Parker in deren Unterhaltung einmischt, verwickelt er den Gentleman-Ermittler und seinen Freund in dieser Neuausgabe in ihren dritten Fall, der auf den ersten Blick so scheint als wäre er keiner.

Der Arzt Doktor Carr erzählt den beiden Freunden von einer ehemaligen Patientin, einer alten, gut situierten Dame, die unheilbar an Krebs erkrankte und starb. Daran ist soweit nichts Ungewöhnliches. Allerdings scheidet sie früher aus dem Leben als Carr es nach eingehender Untersuchung vermutet hatte. Er berichtet weiter, die alte Dame sei von ihrer Nichte gepflegt worden, die ihren Beruf als Krankenschwester aufgab, um sich um ihre Tante kümmern zu können.

Die Ungereimtheit des doch plötzlichen Todes der alten Dame, in Kombination mit der Entlassung der Hausmädchen und der behandelnden Krankenschwester kurz zuvor, wecken Argwohn und Spürsinn in Lord Peter Wimsey, der sich daraufhin in die Ermittlungen stürzt. Sein Freund Charles Parker, praktischerweise Inspektor bei Scotland Yard, und eine Freundin mit viel Erfahrung im Aushorchen von Plaudertaschen unterstützen ihn dabei tatkräftig.

Wer suchet, der findet

Allerdings finden die drei Ermittler*innen nicht unbedingt das, was sie suchen. Nachdem sie per Zeitungsanzeige nach den beiden entlassen Hausmädchen der Verstorbenen suchen, finden sie eine von ihnen tot im Wald, die andere in Kanada. Auch bei der neuen Leiche sieht alles nach einem natürlichen Tod aus. Doch sicher sind sich diesbezüglich weder Wimsey noch Parker.

Und so bohren sie weiter und versuchen bald, zwei Verbrechen aufzuklären, die scheinen als wären sie keine. Zumal für beide potenziellen Morde sowohl Motiv, aber besonders auch die Mittel zunächst fehlen. Ein Motiv findet sich schließlich doch, genau wie ein entfernter Verwandter aus Indien. Das Mittel bleibt lange mysteriös, in den Toten ist kein Gift oder ähnliches zu finden und durch brutale Gewaltanwendung sind sie auch nicht gestorben.

Aus einer anderen Zeit

Dass antiquiert wirkende Aspekte wie Hausmädchen, handschriftliche Briefe, Zeitungsannoncen und viele Telefonate über Festnetzanschlüsse überhaupt eine Rolle spielen, liegt an der Zeit, in der das Buch spielt und geschrieben wurden. Die erste Ausgabe von „Keines natürlichen Todes“ erschien 1927, die Handlung spielt hauptsächlich in den Jahren 1925 und 1926. Das macht sich auch bei der Sprache bemerkbar. Die Wortwahl ist oft sehr gewählt, was auch mit der Hauptfigur, Lord Peter Wimsey, zusammenhängen dürfte. Manche Sätze und Gespräche sind zudem so geschrieben, dass sie tatsächlich wirken wie gesprochen, mit Pausen, Gedankenstrichen und inhaltlichen Sprüngen. Auch manche sprachliche Eigenheit, besonders der tratschenden Frauen, ist schriftlich durch Hervorhebungen festgehalten.

Allgemein sind in den Text immer wieder Zitate eingestreut, mal mit, mal ohne Zuordnung. Zu Beginn jedes Kapitels stehen weitere Zitate aus unterschiedlichsten literarischen Werken, die aber alle zum Inhalt des jeweiligen Kapitels passen.

Neben der Sprache hält das Buch aber noch zwei weitere Elemente des Zeitgeistes im England der 1920er Jahre fest: den damals alltäglichen Sexismus und Rassismus. Letzterer wird unter anderem dann deutlich, wenn in einer Schilderung berichtet wird, dass einem dunkelhäutigen Mann das Servieren von Essen verweigert wurde.

Fazit

 „Keines natürlichen Todes“ ist ein spannender Kriminalfall, bei dem sowohl die Leser*innen als auch die Ermittelnden mehr und mehr hinter die seltsamen Geschehnisse kommen, wobei sich manche leise Vorahnung während des Lesens bestätigt. Hat man sich an die etwas altmodische Sprache gewöhnt, bietet das Buch kurzweilige Lektüre, die zudem mit dem ein oder anderen interessanten Zitat aufwarten kann. Die Sprache und die bisweilen kauzigen Charaktere können die Leser*innen auch immer wieder zum Schmunzeln bringen. Der Zeitgeist, der durch die Geschichte vermittelt wird, ist ein weiterer interessanter Aspekt des Buches.

AutorinDorothy L. Sayers
Verlag Wunderlich (Rowohlt Verlag)
Seitenzahl368 Seiten
Preis15,00 Euro