#urbanjungle: Was es mit dem Monstera-Trend auf sich hat

Zimmerpflanzen kommen in unzähligen Arten. (Foto: Huy Phan/Pexels)

Zimmerpflanzen liegen im Trend. Studierende in ganz Deutschland verschönern ihre WG-Zimmer mit ausgefallenem Grünzeug. Woher kommt dieser Trend? Was hat Instagram damit zu tun? Und sind tropische Pflanzen in Deutschland überhaupt nachhaltig?

Monstera Deliciosa, Pilea Peperomioides und Philodendron Scandens. Was wie ein Einführungsseminar im ersten Semester Botanik klingt, findet man in unzähligen WG-Zimmern in Deutschland. Zimmerpflanzen aus den Tropen liegen seit einiger Zeit im Trend. Manche Wohnungen gleichen einem Dschungel und auf Instagram präsentieren Millionen Menschen ihre grünen Lieblinge unter Hashtags wie #urbanjungle oder #plantlove.

Die Welt der Plantfluencer

Camila ist 23 Jahre alt, studiert in Hamburg und ist „Plantfluencerin“. „Plantfluencer*innen“, eine Mischung aus plant und influencer, posten ästhetische Fotos von ihren Zierpflanzen in sozialen Medien, vor allem auf Instagram. Manche sind damit richtig erfolgreich: Auf dem Account @houseplantclub zum Beispiel versammeln sich rund eine Million Abonnent*innen. Erin Harding und Morgan Doane, die Autorinnen des Bestsellers „How To Raise A Plant And Make It Love You Back” betreiben den Account seit 2016.  

Monstera und Co. können also mit Stolz von sich behaupten, eine riesige Community um sich geschart zu haben. Camila ist mit ihrer Seite @littlejungle.lab Teil dieser Community.

Was fasziniert also so viele Menschen an den grünen Mitbewohnern? Das Exemplar, das Camilas Leidenschaft geweckt hat, ist die Monstera – ein Klassiker unter den tropischen Zimmerpflanzen. Die grünen löchrigen Blätter sind in unzähligen Wohnzimmern zu finden. Was Camila besonders begeistert: Man müsse Monstera gut pflegen und sich um sie kümmern – und kann dann die Ergebnisse bestaunen. Das ist der Zauber, der die Gewächse ausmache.

Die Monstera Deliciosa ist besonders gut für Anfänger geeignet. (Foto: Valentin Hillinger)

Für Camila sind ihre 30 Pflanzen vor allem ein gutes Hobby. Jede Woche verbringt sie rund zwei Stunden mit der Pflege. Momente in denen sie gut abschalten kann – und für kurze Zeit nicht an Uni und Arbeit denken muss. Das, so glaubt die Studentin, ist auch ein Grund dafür, dass viele junge Menschen ihre WG-Zimmer begrünen. Unser Zuhause ist – gerade in Pandemiezeiten ein wichtiger Ort. In Zeiten von Lockdowns, in der man noch mehr Zeit zuhause vor dem Bildschirm verbringt, sei es schön, ein bisschen Leben und Natur in die eigenen vier Wände zu bringen. Ein Haustier sei zu viel Arbeit, eine Pflanze jedoch kann auch für ein paar Tage alleingelassen werden und ist damit der perfekte Begleiter, schwärmt Camila.

Die Community, die am #monsteramonday ihre Prachtexemplare auf Instagram postet ist groß. Camila hat sich im September 2020 entschieden, ihren Kanal ins Leben zu rufen. Sie beschreibt, wie sie in den Jahren Wissen über Pflege und Co. angesammelt hat – vieles davon über andere Instagram-Accounts. Dieses Wissen möchte sie gerne teilen. Die Gemeinschaft, die sie dabei gefunden hat, sei toll, sagt sie. Man treffe sich, könne sich über das gemeinsame Hobby unterhalten und tauscht Ableger oder Samen untereinander. Auf diese Weise hat Camila schon viele Menschen kennengelernt – und einige neue Pflanzen in ihre Sammlung aufgenommen.

Zimmerpflanzen fördern kreatives Denken

Annahmen über die positive Wirkung von Zimmerpflanzen sind weitverbreitet und wissenschaftlich untersucht worden. Ein Blick ins Grüne und Pflanzen am Arbeitsplatz können das kreative Denken fördern, wie englische Forscherinnen herausgefunden haben.  Weitere Studien, wie etwa eine von Sanchez aus 2018 zeigen, dass eine grüne Umgebung Leistung, Wohlergehen und Gesundheit steigern kann.

Die Annahme, Pflanzen würden das Raumklima verbessern wurde von einer Studie im Journal of Exposure Science & Environmental Epidemiology von den Wissenschaftlern Bryan Cummings und Michael Waring widerlegt. Der Studie zufolge sind Maßnahmen wie regelmäßiges Lüften um einiges wirksamer.

Variegatas als Statussymbol?

Vielleicht ist der Trend um den urbanen Dschungel auch ein Ausdruck des Individualismus. Pflanzen sind einzigartig – jede Monstera sieht ein bisschen anders aus. Und so ist sie perfekt für eine Generation, die genug von Industrieprodukten hat. Nach dem Kaffee von hippen Firmen, die „roastery“ im Namen tragen und dem Sauerteigbrot, das aus dem eigenen Ofen stammt, ist auch die Pflanzenwelt bei der Generation „woke“ angekommen.

Das Smartphone (und schon gar nicht das Auto) funktionieren in den Kreuzbergs und Eppendorfs Deutschlands nicht mehr als Statussymbole. Eine seltene „Variegata“, wie man in der Community sagt, also eine Mutation einer Pflanze ist teilweise mehrere hundert Euro wert. Ob das als Statussymbol taugt? „Auf die meisten Pflanzensammler trifft das nicht zu“, sagt Camila. Es gäbe zwar einige wenige, die dann mit besonderen Seltenheiten auf Instagram besonders viele Likes erhaschen, die Mehrzahl der Sammler*innen erfreue sich aber einfach an den grünen Gewächsen.

Seltene Variegatas sind besonders begehrt – und besonders teuer. (Foto: Nina Pintar/Pexels)

Wie nachhaltig sind tropische Pflanzen in Deutschland?

Der Zierpflanzenmarkt ist riesig: Laut der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI), die im Auftrag des Zentralverband Gartenbau e.V. Verkaufszahlen erhebt, stieg das Marktvolumen 2019 um sechs Prozent, im Jahr davor um sieben Prozent. Das macht die grünen Zimmerpflanzen zum offiziellen Trend. Insgesamt gaben die Deutschen 2019 rund 1,5 Milliarden Euro für Zimmerpflanzen aus.

Doch woher die Pflanzen kommen und wie die Produktionsbedingungen sind, ist oft undurchsichtig. Wie die Natur- und Umweltschutzorganisation BUND anmerkt, hat ein großer Teil der Zierpflanzen, die in Deutschland verkauft werden eine lange Reise hinter sich. Häufig liege der Ursprung der Setzlinge in wie Kenia, Äthiopien oder Costa Rica. Die Pflanzen würden dann oft in den Niederlanden hochgezogen und verkauft. Laut BUND werden dabei oft chemische Mittel, die die Pflanze robuster und ästhetischer machen sollen, verwendet. Schädliche Pestizide, die in der EU teilweise verboten sind, würden in den Anbauländern weiterhin verwendet werden – die Arbeiter*innen seien oft ungeschützt den chemischen Stoffen ausgesetzt, klagt die Umweltschutzorganisation.   

Um diese Problematik zu umgehen, kann man auf verschiedene Bio-Siegel achten. Die Siegel von Demeter, Bioland oder Naturland garantieren einen gentechnikfreien Anbau ohne synthetisch-chemische Pflanzenschutzmittel. Auch die EU hat ein solches Biosiegel entwickelt.

In den meisten Blumenerden findet sich Torf, das laut BUND besonders umweltschädlich ist. Beim Anbau – vor allem in Weißrussland und den baltischen Staaten – gelangt viel CO2 in die Luft. Zusätzlich werden beim Abbau mit Mooren auch noch wertvolle und artenreiche Ökosysteme zerstört. Und das obwohl es auch zu Torf umweltfreundliche Alternativen wie Hummus gibt. Beim Kauf, empfiehlt BUND, sollte man daher immer zu torffreier Erde greifen.  

Für alle, die trotzdem gerne ihre Pflanzensammlung erweitern möchten, hat Camila einen Tipp: Sie setzt auf die Community auf Instagram oder sucht auf EBAY Kleinanzeigen nach neuen Pflanzen. Dort findet man Tauschbörsen oder billige Ableger, die man selbst großziehen kann. So kann man kostengünstig Pflanzen vermehren und tauschen – und dabei auch noch Teil einer tollen Community sein.