gefragt: Studentische Jobs und der Wandel des Arbeitsmarktes

Das stellenwerk Hamburg ist eins der wichtigsten Portale für Studierende bei der Nebenjobsuche. Mit stellenwerk-Mitarbeiterin Catharina Türling haben wir über die Lage in Corona-Zeiten gesprochen und herausgefunden, warum die ehrenamtlichen Tätigkeiten wieder so beliebt sind.

KOPFZEILE: Wie ist das stellenwerk Hamburg entstanden?

Das stellenwerk Hamburg ist 2007 als Gemeinschaftsprojekt der Universität Hamburg, der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg und der Technischen Universität Hamburg entstanden. Diese drei Hamburger Hochschulen wollten den Studierenden ein Jobportal anbieten, in dem auf der einen Seite die hochschulinternen Stellen und auf der anderen Seite Jobangebote aus der freien Wirtschaft ausgeschrieben werden. Die Idee war, den Studierenden seriöse Nebenjob-Angebote von Unternehmen und privaten Haushalten sowie Absolventenjobs zur Verfügung zu stellen. Was uns von anderen Jobportalen unterscheidet, ist, dass wir uns tatsächlich nur auf studentische Stellenangebote vom ersten Semester bis zum Absolventenjob konzentrieren.

Im stellenwerk-Portal sind neben Werkstudentenstellen von Unternehmen auch Anzeigen von Privatpersonen zu sehen, die beispielsweise nach einem persönlichen Assistenten suchen. Werden solche Stellenanzeigen kontrolliert, bevor sie auf ihre Webseite kommen?

Bevor Angebote von Unternehmen und Privatpersonen online gehen, werden sie von unserem Kundenservice kontrolliert. Es kommt natürlich auch immer wieder vor, dass Betrüger versuchen, eine Anzeige bei uns zu schalten. Sollten wir solche betrügerischen Angebote übersehen, können die Studierenden uns darauf hinweisen und wir überprüfen die verdächtigen Anzeigen nochmal.

Wie gewährleisten Sie die Vielfalt der Jobangebote ?

Alle Anfragen sind aktuell, das heißt genau danach wird in den Unternehmen gerade gesucht. Wir haben ein Vertriebsteam, das aktiv auf die Unternehmen zugeht und unsere Leistungen als Vermittlungsportal anbietet. In der IT werden ständig Arbeitskräfte gesucht, aber nicht jeder ist für diesen Job qualifiziert. Bei unserer jährlichen Karrieremesse schauen wir deswegen ganz genau, dass da nicht nur IT-Unternehmen vertreten sind und jeder was für sich finden könnte. Aber das Angebot auf unserer Seite hängt nicht nur von unserer Wahl ab, sondern auch davon, wer überhaupt von den Unternehmen gesucht wird.

Haben sich die Jobangebote seit dem Beginn der Corona-Krise verändert?

Am Anfang war es eine Katastrophe. Wir hatten im März und April extrem wenige neue Jobangebote auf der Webseite. Danach sind wir aber selbst aktiv auf die Unternehmen zugegangen. Von unserer Seite gab es sogar das Angebot, kostenlos Stellenanzeigen zu schalten, damit wir unseren Service weiterhin für die Studierenden anbieten konnten. Sehr viele Nebenverdienste sind bei den Studierenden wegen des Lockdowns weggefallen, vor allem im Bereich Gastronomie und Kultur. Wir sehen das und wir glauben nicht, dass die Stellenlage dasselbe Niveau wie vor Corona zeitnah erreichen wird.

Welche Nebentätigkeiten sind aktuell besonders gefragt?

Das hängt natürlich sehr von der Branche ab. Im Bereich E-Commerce wird aktuell sehr viel mit Werkstudent*innen gearbeitet. Die großen Logistik-Unternehmen suchen gerade auch verstärkt nach Unterstützung sowie alle Lieferketten. Außerdem ist es für die Unternehmen wichtig, dass die Arbeit der Werkstudent*innen auch aus dem Homeoffice erledigt werden kann.

Man könnte vermuten, dass die Bewerberzahlen steigen, nachdem so viele Studierende ihren Job verloren haben. Wie wird die Situation beim stellenwerk wahrgenommen? Gibt es mehr Bewerber*innen?

Das ist sehr unterschiedlich. Am Anfang der Pandemie wurde verstärkt nach Studierenden gesucht, die die Regale in den Supermärkten auffüllen. Andererseits gab es auch viele Menschen, die gedacht haben, dass das BAföG aufgrund der Pandemie eventuell aufgestockt wird. Man könnte sagen, dass die Zahl der Bewerbungen davon abhängt, wie dringend die Studierenden das Geld brauchen. Aber es gab auch viele junge Menschen, die Angst hatten, durch einen neuen Job mit anderen Personen in Berührung zu kommen.

Seit Kurzem hat das stellenwerk zusätzlich ein Portal für ehrenamtliche Tätigkeiten aufgebaut. Lohnt sich das in diesen Zeiten überhaupt?

Die Idee und der Wunsch nach diesem Portal waren tatsächlich schon länger da. In diesem Projekt arbeiten wir mit dem Career Center der Universität Hamburg zusammen. Natürlich ist aktuell nicht der beste Zeitpunkt, um Studierenden eine ehrenamtliche Tätigkeit in einem Seniorenheim anzubieten. Man darf aber nicht vergessen, dass Deutschland ein totales Ehrenamtsland ist und diese Kultur bei uns sehr fest verankert ist. 30 Millionen Menschen sind aktuell ehrenamtlich tätig und dafür muss man nicht unbedingt vor Ort tätig sein.

Welche ehrenamtlichen Tätigkeiten werden denn zur Zeit angeboten?

Aktuell bekommen wir zum Beispiel sehr viele Anfragen über Ehrenämter in Start-Ups oder in Vereinen, die sich mit Geflüchteten oder Migrant*innen beschäftigen. Außerdem sind noch Qualitätsgemeinschaften für Bildung gefragt. Diese Vereine sind aktuell im Umbruch, weil alles, was sie davor in Präsenz gemacht haben, jetzt in den digitalen Raum verlagert werden sollte. Da bewegt sich gerade sehr viel und das gibt mir ein gutes Gefühl, weil es den Menschen nicht nur ums Geld geht.

Und wonach suchen die Studierenden?

Es gibt sehr viele Vereine, die sich aus den Studierendengruppen bilden. Für junge Leute ist es aktuell sehr spannend, weil man den ganzen Prozess der Vereinsgründung miterleben kann. Man muss nach Finanzierung suchen, selbst die Ziele definieren, Aufgaben verteilen und Verantwortung übernehmen. Die klassischen Ehrenämter sind aber auch immer wieder wichtig. Das wären beispielsweise Tätigkeiten in bestimmten Behörden, Hospizen, Hilfe bei der Erziehung schwieriger Kinder und andere Sachen, die aufgrund der Pandemie leider nur eingeschränkt möglich sind.