gesehen: Schmidts Ritz

SCHMIDTS TIVOLI: Familie König präsentiert „SCHMIDTS RITZ“ - Die sensationelle Sensationsschau Foto: Morris MacMatzen

Die goldenen Zwanziger waren eine Zeit des Glanzes und Glamours auf der einen, und von Not und Armut auf der anderen Seite. Das Varietétheater Ritz auf der Reeperbahn vereint diese beiden Komponenten der Roaring Twenties auf spektakuläre Art und Weise. Mit der Premiere von „Schmidts Ritz“ beginnt die neue Spielzeit im Schmidt Theater.

Das von der Familie König geführte Theater, ihr Familienunternehmen, ist im herkömmlichen Sinne eindeutig nicht normal zu nennen. Abgesehen davon läuft nicht alles rund in der fünfköpfigen Familie. Ihr Theater ist recht heruntergekommen, der Vater trinkt, die Mutter versucht den Laden am Laufen zu halten und die drei Kinder sind auch nicht die hellsten Kerzen in den Leuchtern der Bühne.

Schon von Beginn an fliegen Beleidigungen des Ehepaars hin und her, selten über der Gürtellinie. Dabei wirkt die Zänkerei von Herrn und Frau König gleichzeitig so gemein wie alltäglich und könnten beinahe als liebevoll durchgehen. Ihr gegenseitiger Spott zieht sich durch den Varietéabend, bildet einen Großteil der Intermezzi zwischen den einzelnen Auftritten und regt das Publikum immer wieder zum Lachen an.

Ähnlich renovierungsbedürftig wie die Ehe von Vater und Mutter König ist ihr Varieté. Die Leuchtbuchstaben, die den Namenszug des Theaters zeigen, funktionieren nicht immer, die Vorhänge haben schon mal bessere Zeiten gesehen und durch das Dach fällt Regen. Einzig der Saal erscheint im Glanz und Glamour der Goldenen Zwanziger, er ist mit goldenen Schals an den Wänden und anderen Accessoires dekoriert. Das Personal gleicht sich ebenfalls der Zeit vor hundert Jahren stilecht an.

Hellseherei, Magie und Wunder

Die verschiedenen Varietéstücke des Abends präsentiert die fünfköpfige Familie fast alle selbst. Dafür schlüpfen sie in, bewusst mehr schlecht als recht gemimte, Charaktere aus aller Herren Länder. Dabei passiert es immer wieder, dass Illusionen oder Tricks scheinbar misslingen, aber entgegen der geweckten Erwartung des Publikums schließlich doch glücken.

So beginnt die Mutter als russische Sängerin eine schauerlich falsche Arie der Königin der Nacht zu singen, und bringt damit schlussendlich ein Weinglas zum Platzen – nicht jedoch bevor sie aus den Tiefen ihres Kostüms einen Hammer hervorgeholt und das Weinglas damit „bedroht“ hat.

Leider hat sie mit dieser Darbietung nicht nur das Weinglas zersungen, sondern auch die Brille ihres einen Sohns, der sehr verunsichert die nächste Nummer ankündigt. Er, oder sein Zwillingsbruder, werden bei der Zaubershow des schon ziemlich betrunkenen Vaters dann auch noch in einen Kleinwüchsigen verwandelt. Dieser lässt daraufhin eine Batterie von Witzen über seine geringe Körpergröße vom Stapel und futtert Frau König alles weg, was sie so an Pralinen und auf und hinter der Bühne parat hatte. Damit er der Familie nicht weiter die Show stiehlt wird er zu guter Letzt gefeuert. Was hier wörtlich zu nehmen ist. Denn die Kanone auf der Bühne steht dort nicht nur als Dekoobjekt.

Ein Medium und Kunststücke entgegen der Schwerkraft

Die Tochter, die gerne mit der Anmerkung, sie sei ein Medium, dazwischen platzt, stellt ihr Können schließlich unter Beweis, indem sie das Publikum in ihre Hellseherinnenshow mit einbezieht. Zunächst scheint es jedoch, als würde dabei nichts funktionieren und keine ihrer Vorhersagen stimmen. Doch bevor sie schmollend von der Bühne abgeht, präsentiert sie dem Publikum, dass sie doch die richtigen Antworten vorausgesagt hatte.

Zwei der Darstellenden im Ritz gehören nicht zur Inhaberfamilie König. Da ist einmal der Jongleur Jeton und dann seine Assistentin Carmen. Carmen zeichnet mit wenigen Pinselstrichen Bilder und assistiert Jeton bei einem Teil seiner Jongleurs-Vorführungen. Diese sind äußert gelungen, da es dem Künstler gelingt, sehr unterschiedliche Alltagsgegenstände aufeinander zu balancieren und sie dann auch auf noch auf Stirn, Kinn oder Nase zu halten. Auch das Aufeinanderstapeln mehrere Tassen, die er mit der Fußspitze hochwirft und auf dem Kopf fängt, ist ein beeindruckendes Kunststück. Dabei schnackt er mit dem Publikum und erzählt Anekdoten.

Fazit

Im „Schmidts Ritz“ fliegen die Witze zwar sehr tief und sind durch die Bank weg schlüpfrig, aber wenn man sich darauf einlässt, bietet die Show viel Amüsement. Die Ausstattung und auch die kauzigen Charaktere bereichern das Stück ebenso wie die verschiedenen Varieténummern, die funktionieren, auch entgegen der ein oder anderen – geplanten – Widrigkeit. Insgesamt nimmt die Show das Leben leicht und sich selbst nicht zu ernst und verbindet damit die 20-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts und die heutige Zeit.

Darsteller*innenGötz Fuhrmann, Carolin Spieß, Elena Zvirbulis, Veit Schäfermeier, Peter Pooschke, Jeton und Carmen (Gäste)
RegieCorny Littmann
Künstlerische Konzeption und KompositionMartin Lingnau
BühnenbildMartin Hartmann und Ralf Kruse
KostümFrank Kuder und Norman Heidrich
MaskeSophia Mey

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