Langsam kommt wieder Leben auf Hamburgs Bühnen. Nachdem am 02. Juli das Schmidts Tivoli seine Tore wieder öffnete, folgt jetzt das Ohnsorg-Theater. Mit Gesang, viel Alkohol und Party feierte Tussipark am Donnerstag und Freitag seine Doppelpremiere.
Zwar bleibt jede zweite Reihe unbesetzt, leer wirkt das Theater trotzdem nicht. Denn dort, wie niemand sitzen kann, tragen die Sessel Hemden, Blusen, Krawatten oder Gürtel. Und das befeuert das Theaterfieber mehr, als dass es die Stimmung ob der geringeren Auslastung trüben würde. Los geht es auch mit Schmackes – in einem Parkhaus und auf Hochdeutsch. Dieses Stück ist, anders als viele im Ohnsorg-Theater, nicht auf Platt.
Eine Hochschwangere schiebt eilig ihren vollen Einkaufswagen auf die Bühne, während sie mit ihren Kindern telefoniert. Die sind gerade dabei, die eigenen vier Wände im Chaos versinken zu lassen, während der Vater, ebenfalls zuhause, zockt. Als die gestresste Mutter ihre Parkkarte nicht finden kann, geht sie wieder.
Kaum ist sie verschwunden, stürmen zwei weitere Frauen auf die Bühne, die eine adrett gekleidet, offensichtlich eine Businessdame, die andere sehr legere, in einer Art rosa Trainingsanzug. Letztere heißt Jennifer, die Businessfrau hat ihr gerade gekündigt. Jennifer ist nun völlig verzweifelt, und während sie in ihren Sachen einen alten Kassettenrekorder findet und das erste Karaokelied beginnt, erwacht auf dem Oldtimer-Sofa die vierte der Damen, eine Braut die ihren Zukünftigen kurz vor der Hochzeit sitzen ließ, als sie sein Zweithandy fand. Nachdem nun die Schwangere weder ihre Parkkarte noch ihr Auto wiederfinden und ihr Mann sie nicht abholen kann beginnt die Parkhausparty.
Alte Bekannte, neue Freunde
In Laufe der Zeit stellen die vier Frauen fest, dass die Schwangere, Grit, und die Braut, Wanda, nicht nur eine Bekanntheit aus der Schulzeit eint, sondern alle vier auch die Ärgernisse mit den Männern. Jennifer hat deswegen eine Website aufgebaut, auf der sie – und andere – Bilder von Männern posten, die die Frauen verarscht haben: Tussipark. Auch der Fast-Ehemann landet auf dieser Seite. Schließlich glaubt die Braut in Spe, er würde sie betrügen. Den Ehepartner zu betrügen ist allerdings eher das Expertengebiet der Businessdame, die unzählige Affären hat. Hierbei gilt es zu beachten, dass sie zwar ihren Ehemann betrügt, es für sie aber überhaupt nicht angehen kann, eine Affäre mit einem verheirateten Mann zu haben. Nach einem angeheitert-philosophischem Austausch über den perfekten Mann und einige Runden Wodka, Bier und seltsamen Pillen später, stehlen sie dem Wachmann des Parkhauses die Schlüssel und lassen es im leeren Einkaufszentrum nebenan gründlich krachen. Als sie schließlich im Parkhaus zu sich kommen, ist der Wachmann aus irgendeinem Grund tot. Nach dem anfänglichen Schock darüber schwören sich die Vier auf Geheimhaltung ein und kommen schließlich auch zu neuen Erkenntnissen über die Männerwelt.
Der AHA-Effekt
Trotz der neuen Erkenntnisse der vier Damen und der Comedy ist das Stück von Corona geprägt. So wird auch der Umgang mit Abstand, Hygiene und Alltagsmasken in dieser Inszenierung sehr gut spielerisch eingebaut. Nicht nur, wenn sich alle unter Schirmen, Masken oder Taschen verstecken, sobald eine von ihnen den anderen zu nahekommt, auch Requisiten wie die Wodka-, Bier- oder Wasserflaschen werden hin und her geworfen, damit die Abstandsregelungen eingehalten werden können. Auf die entsprechenden Hygieneregelungen wird im Spiel immer wieder hingewiesen.
Gleich zu Beginn wird zudem eine weitere Gegebenheit von den Schauspielerinnen angesprochen: Sie singen Playback. Denn durch die Corona-Regelungen müssten sie bei Gesang eigentlich sechs Meter Abstand zueinander halten. Das ist auf der Bühne des Ohnsorg-Theaters aber nicht möglich. Daher wurden alle Karaokenummern von den Darstellerinnen auf Band aufgenommen, sie performen aber dennoch lippensynchron dazu.
Ein beeindruckender Parkautomat
Insgesamt ist das Bühnenbild, wie die Inszenierung auch, mit viel Liebe zum Detail und Augenzwinkern gestaltet. Von Beginn an sind eine Oldtimerfront mit eingebauter Sitzfläche, ein Mofa und ein Parkautomat mit besonderen Eigenschaften zu sehen. Der spuckt nämlich nicht Parktickets und Wechselgeld aus. Wenn eine der Damen gegen den Automaten schlägt kullern Bier- oder Wasserflaschen heraus. Die Braut in Spe schafft es, sich nach der Partynacht im Einkaufszentrum in diesen Wunderautomaten zu quetschen.
Hinter dem Bühnenbild ist eine Leinwand gespannt, auf der nicht nur die wechselnden Hintergründe zu den Karaoke-Songs abgebildet sind, sondern auch die Fotos und ein Video der vergangenen Nacht gezeigt werden.
Fazit
Tussipark ist eine Komödie, die mit Herz und Schmiss das Ohnsorg-Theater aus einer viermonatigen Zwangspause weckt. Auch wenn die Geschichte der vier Frauen im Parkhaus nicht sonderlich viel Tiefgang verspricht, bietet das Theaterstück durch die Lieder, den Witz und die vielen kleinen Details in Inszenierung und Ausstattung einen lockeren, fröhlichen und entspannten Theaterabend.
Die Informationen gebündelt:
Darsteller*innen | Tanja Bahmani, Julia Holmes, Caroline Kiesewetter, Rabea Lübbe, Sidar Kurt |
Regie | Murat Yeginer |
Kostüme | Krzysztof Sumera, Britta Lindenstrauß-Buhrke, Andrea Oppenländer |
Dauer | circa 75 Minuten ohne Pause |
Weitere Aufführungs-Termine | Fr. 24.07.2020 um 19:30, Sa. 25.07.2020 um 16:00 Uhr und 19:30, So. 26.07.2020 um 16:00 Uhr und 19:30, Di. 28.07.2020 20:00 Uhr (Lüneburger Kultursommer auf den Sülzwiesen); Wiederaufnahme am 29.12.2020 |
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