Wehrpflicht: Högls Holzweg

Ein Strukturelles Problem: Lange blieb der Rechtsextremismus in der Bundeswehr versteckt (Foto: Pexels)

Die Debatte um die Wehrpflicht flammt wieder auf. Ein Argument: Die Wiedereinführung sei eine Möglichkeit, rechtsextremistische Auswüchse in der Bundeswehr zu verhindern. Diese Annahme ist nicht nur falsch, sondern verwirkt gleichzeitig die Chance auf wirksame Reformen gegen strukturellen Rechtsextremismus.

Der Sommer ist da! Und das liegt nicht etwa an den steigenden Temperaturen, sondern daran, dass die Wehrpflichtdebatte wieder herausgekramt wird. Pünktlich zur Sommerpause stößt die neue SPD-Wehrbeauftragte Eva Högl die Tür zu der antiquierten Grundsatzdebatte wieder auf. Im Interview mit der Funke-Mediengruppe nannte Högl die Aussetzung der Wehrpflicht einen „Riesenfehler“. Die nun aufpoppenden Argumente sind ebenso breit getreten wie durchschaubar. Ein bisschen Disziplin hätte ja schließlich noch niemandem geschadet. Neben diesen immer gleichen Phrasen nutzte Högl den jüngsten Rechtsextremismus-Skandal der Eliteeinheit „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) für eine mehr als fragwürdige These. Demnach tue es der Bundeswehr sehr gut, wenn ein großer Teil der Gesellschaft eine Zeit lang seinen Dienst leiste. Denn dies – so Högls Argument – erschwere es, dass sich Rechtsextremismus in der Truppe breit mache.

Dieses Argument ist ein Offenbarungseid. Dass Högl den seit Jahren, innerhalb der Truppen grassierenden Rechtsextremismus nicht als strukturelles Problem benennt, sondern im Interview weiterhin als Einzelfälle abtut – geschenkt! Aber dass eine heterogenere Masse dieses Problem lösen soll, ist ein vollkommen wirrer Ansatz, der von der eigentlichen Problemlösung ablenkt. Rechtsextreme lassen sich nicht untermischen und in einer saftigen Masse verdünnen. Rechtsextreme muss man schneller identifizieren und rausschmeißen. Das sollte insbesondere in einem Land wie Deutschland eine Selbstverständlichkeit sein. Oder anders gesprochen: Ein Obstkorb mit verschimmelten Früchten wird nicht besser, wenn man oben frisches Obst drauflegt.

Rechtsextreme Soldaten, die in sozialen Netzwerken ungeniert ihre faschistische Ideologie propagieren, rassistische Chat-Verläufe ganzer Einheiten, Rechtsrock bei einer Abschiedsfeier der Truppe – immer wieder treten derartige Fälle ans Licht. Vor wenigen Tagen soll der der Militärische Abschirmdienst (MAD) laut verschiedenen Medienberichten nun eine Politikerliste bei einem rechtsextremen Reservisten gefunden haben. Beim KSK sollen zudem 85.000 Schuss Munition und 62 Kilogramm Sprengstoff verschwunden sein – fand der MAD bei Ermittlungen nach einer Serie von rechtsextremistischen Vorfällen heraus.

Nein, dies alles sind keine Einzelfälle. Das sollte auch Eva Högl erkennen. Nur so können Mechanismen erarbeitet werden, die derartige Fälle verhindern. Die Wehrpflicht zählt mit Sicherheit nicht dazu.